Zukunftsweisende Wirkstoffe

Innovation braucht Kooperation

06. November 2024 | Bericht

Initiative Gesundheitsindustrie Hessen baut Brücke zwischen Universität und Industrie.

Voller Hörsaal an der Philipps-Universität Marburg: Der ehemalige Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Prof. Dr. Klaus Cichutek, erläuterte die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Bundesinstituts für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. © IGH
Voller Hörsaal an der Philipps-Universität Marburg: Der ehemalige Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Prof. Dr. Klaus Cichutek, erläuterte die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Bundesinstituts für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. © IGH

Akademische und industrielle Forschung liegen immer noch zu weit auseinander. Darauf machte Prof. Dr. Jochen Maas auf der von der Initiative Gesundheitsindustrie Hessen (IGH) initiierten Veranstaltung „Zukunftsweisende Wirkstoffe – Pioniere schaffen Therapien von morgen“ an der Philipps-Universität Marburg aufmerksam. An den Universitäten finde überwiegend Grundlagenforschung statt. Nur in den seltensten Fällen würde ein Produkt entstehen, das Patientinnen und Patienten anschließend zur Verfügung steht. „Eine Innovation ist aber nur dann eine Innovation, wenn sie auch beim Patienten ankommt“, so Prof. Dr. Jochen Maas, der von 2010 bis 2023 Geschäftsführer Forschung & Entwicklung bei Sanofi-Aventis Deutschland war. Deshalb sei es essenziell, die beiden Welten enger zusammenzubringen.

Pharmastandort mit globaler Relevanz

Genau dazu sollte die Veranstaltung der Reihe „Academia meets Industry – Bridge the Gap“ beitragen, an der rund 150 Studierende der Life Science teilnahmen. Einen besseren Veranstaltungsort als Marburg hätte man sich dafür nicht aussuchen können, sagte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies in seiner Begrüßung. In der Universitätsstadt würde die Verbindung zwischen Pharmazie, Pharmazeutika, innovativer Forschung, herausragenden Entdeckungen und ihrer wirtschaftlichen Nutzung gelebt. Die Wege in einer kleinen Stadt wie Marburg seien kurz und es bestünde die Möglichkeit sich zu begegnen und auszutauschen. „Pharmafirmen haben hier keine Probleme, neue Mitarbeitende zu finden“, so der Oberbürgermeister. Umgekehrt wären die Voraussetzungen für junge Talente genauso gut, denn sie hätten jede Menge Möglichkeiten, ihren Karriereweg zu planen. In Marburg sei es gelungen, den Pharmastandort und die Universität enger zusammenrücken zu lassen.

Academia meets Industry: Mit unserem Video können Sie sich einen Überblick über die Veranstaltung an der Philipps-Universität Marburg verschaffen. © IGH

Vorbereitung auf eine Karriere in der Industrie

Auf die Bedeutung des Transfers zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung wies der Vizepräsident für Forschung der Philipps-Universität Marburg, Prof. Dr. Gert Bange, in seinem Grußwort hin. Die Universität Marburg unterstütze dies durch verschiedene Formate, wie beispielsweise mit dem vor zwei Jahren eingeführten Studiengang „Molecular Biotechnology“, bei dem biotechnologisches Wissen aus der Grundlage trainiert und gleichzeitig die Anwendungsperspektive aus Industrieunternehmen in den Blick genommen würde. „Dadurch lösen wir die Kluft zwischen akademischer Grundlagenforschung und der biotechnologisch-pharmazeutischen Forschung sehr erfolgreich auf“, so der Vizepräsident.

Bürokratieabbau bei der Zulassung nötig

Der ehemalige Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Prof. Dr. Klaus Cichutek, sprach in seiner Keynote über die Zulassung von biomedizinischen Arzneimitteln und erläuterte die Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Bundesinstituts für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. Dabei betonte er, dass die Verantwortung für die Arzneimittelentwicklung bei der pharmazeutischen Industrie liege, aber auch aus der akademischen Forschung Produkte entstehen könnten. Gerade bei aktuellen Erfolgen und Megatrends in der Forschung wie mRNA-Impfstoffen, Gen- und Antikörpertherapien und in der Tumor- und Krebsforschung müssen strenge Standards erfüllt und zahlreiche Studien durchlaufen werden – von vorklinischen Tests bis hin zu mehrstufigen klinischen Studien an Patientengruppen. Die enge Zusammenarbeit zwischen akademischer Forschung und Industrie helfe dabei, die hohen Anforderungen der Arzneimittelbehörden zu erfüllen, um den wissenschaftlichen Fortschritt zu beschleunigen. Gleichzeitig sprach sich Prof. Dr. Klaus Cichutek für einen Bürokratieabbau, weniger Administration und schnellere Entscheidungsprozesse aus. Dafür brauche es entweder sehr viel einfachere Regeln oder – um komplizierte Regel einhalten zu können – eine gewisse Zeit der Überlegung und mehr Personal. „Der Wille ist da, aber die Arbeitszeit endlich“, so Prof. Dr. Klaus Cichutek.

Die Megatrends der Wirkstoffentwicklung

Am Nachmittag konnten die Studierenden in sechs Workshops, ausgerichtet von Unternehmen der IGH, vertieft themenbezogene Einblicke in die Megatrends der Wirkstoffentwicklung sowie Therapiemöglichkeiten erhalten. Im Workshop „Gentherapie als Gamechanger“ beleuchtete CSL Behring den langen Weg vom Labor in die Praxis, um ein Produkt auf den Markt zu bringen. GSK stellte die Entwicklung eines neuen Pneumokokken-Impfstoffes vor und erläuterte den Studierenden den Weg vom Erreger zum Impfstoff sowie die Herausforderungen der Massenproduktion. In einem weiteren Workshop führte Sanofi die Studierenden in den Stand der Nanobody-Forschung ein. Nanobodies sind sehr kleine Antikörper, die gezielt kranke Zellen angreifen können, zum Beispiel Krebszellen. Merck erklärte, wie sich die mRNA-Technologie in der Behandlung von Infektionskrankheiten und Krebszellen einsetzen lässt. BioSpring erläuterte in einem Workshop den Einsatz von Oligonukleotiden zur Behandlung genetischer Krankheiten. Ein weiterer Workshop des Zukunftsclusters PROXIDRUGS drehte sich um sogenannte Proxidrugs. Diese „programmieren“ die Zellen so, dass diese ihre eigenen Abwehrmechanismen aktivieren und die schädlichen Stoffe entfernen.

Hohe Attraktivität für junge Talente

Nach den Workshops nutzten die Studierenden die Gelegenheit, sich mit den Referentinnen und Referenten auszutauschen. Dabei betonten die Workshopleiterinnen und -leiter die Karrierechancen für den Nachwuchs. Die Gesundheitsindustrie sei ein innovatives Umfeld und eine zukunftsträchtige Branche, in der man direkt am Herzen der Forschung und Entwicklung sei und ein Produkt entwickelt, das am Ende Patientinnen und Patienten hilft. Um innovativ tätig zu sein, sei die Gesundheitsindustrie auf junge Talente angewiesen, die neue Technologien aus den Universitäten mitbringen.

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dr. Christian Kurz

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