VCI-Position kompakt

Handelspolitik

29. Oktober 2024 | Position

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Die Welthandelsordnung und die internationalen Lieferketten stehen unter Stress: Der Krieg in der Ukraine und der Hegemonialkonflikt zwischen den USA und China haben das geopolitische Umfeld radikal verändert. Der Abbau einseitiger Abhängigkeiten und die Diversifizierung der Handelsbeziehungen gewinnen an Bedeutung. Die Welthandelsorganisation WTO ist geschwächt.

Auch die EU hat das handelspolitische Umfeld eingetrübt. Sie setzt seit Jahren stark auf Alleingänge beim Klima- und Umweltschutz – auch durch Handelsbarrieren wie „Grenzausgleichsmaßnahmen zum Klimaschutz“ (CBAM). Derweil finden ihre Verhandlungen mit dem Mercosur und Indien kein Ende. Auch die neue US-Präsidentschaft wird neue Herausforderungen schaffen – gerade in den Beziehungen zwischen der EU und den USA.

Zudem haben hohe Energiekosten und eine zunehmende Regulierungsdichte die internationale Wettbewerbssituation der deutschen Industrie erheblich verschlechtert, während die Herausforderungen durch die Transformation fortbestehen.

Handelsnation Deutschland unter Druck

Mit ihren Produkten trägt die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie als Teil innovativer Wertschöpfungsnetzwerke weltweit zu Wohlstand und den UN-Nachhaltigkeitszielen bei: Deutschland exportierte 2023 chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse im Wert von rund 254 Milliarden Euro. Im Gegenzug belief sich der Import auf 177 Milliarden Euro. Die Branche selbst importiert Rohstoffe, Vorprodukte und Technologie. Sie produziert global und nutzt die Nähe zu Absatzmärkten, spezifische Standortvorteile und ihren Know-how-Vorsprung auf Basis geistiger Eigentumsrechte. Unterdessen investieren und produzieren ausländische Unternehmen hier. Immer häufiger dominiert Machtpolitik die internationale Szenerie. Auch Zölle sind wieder salonfähig – nicht nur in den USA, sondern auch in der EU zum Ausgleich unfairen Wettbewerbs. Neben Effizienz und Nachhaltigkeit wird Resilienz zur Zielgröße für Politik und Unternehmen. Gerade für die Exportnation Deutschland gilt es, ihre Resilienz zu stärken, ohne sich zu isolieren. Denn ohne Handel drohen Wohlstandseinbußen, und weniger internationale Vernetzung bremst die Transformation.

Suche nach Regeln fürs 21. Jahrhundert

Die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie agierte im Rahmen der WTO lange erfolgreich auf den Weltmärkten, doch diese Handelsordnung erodiert. Die EU setzt vermehrt auf Barrieren, Kontrollen und Schutzmaßnahmen. Zugleich spüren viele Unternehmen ungekannten Wettbewerbsdruck – zum einen durch Belastungen in der EU, zum anderen durch Subventionen in anderen Ländern. Die EU muss sich für die globalen Herausforderungen fit machen, ohne ihre Offenheit aufzugeben. Handelsverträge sollten die Diversifizierung der Beziehungen und so die Resilienz erhöhen. Die globale Transformation erfordert kooperative Ansätze, etwa im Rahmen des Klima-Clubs. Kontrollen und Ausgleichszölle sollte es nur begrenzt und auf solider Datengrundlage geben.

DAFÜR SETZT SICH DER VCI EIN

  • Moderne Handelsregeln schaffen und Handelsbarrieren abbauen
    Die EU-Industrie braucht Handel, neue Handelsregeln und diversifizierte Handelsbeziehungen. Auch Klimaschutz, Gesundheitsversorgung und Resilienz profitieren von mehr Handel. Offene Märkte und Regeln für fairen Wettbewerb sollten daher das Ziel der EU-Politik bleiben. Die WTO muss erhalten und modernisiert, bilaterale Abkommen (zum Beispiel mit Mercosur, Indien, Indonesien) müssen geschlossen werden.
  • Wettbewerb mit China annehmen
    Die EU muss den geo- und industriepolitischen Strategien Chinas eine eigene Strategie entgegensetzen. Diese muss den Dreiklang „Partner – wirtschaftlicher Wettbewerber – systemischer Rivale“ in einer ganzheitlichen China-Politik abbilden, Risiken aus Abhängigkeiten reduzieren und zugleich Kooperationsangebote enthalten.
  • Wettbewerbsverzerrungen ausgleichen statt Wettbewerb ausschalten
    Viele europäische Unternehmen stehen unter hohem Wettbewerbsdruck. Die Politik sollte die Standortbedingungen in der EU wieder verbessern und nur in Einzelfällen evidenzbasiert gegen unfaire Subventionen in Drittstaaten vorgehen. Die Wettbewerbsfähigkeit und die Beziehungen belastende autonome EU-Maßnahmen müssen überprüft und modifiziert werden.

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dr. Matthias Blum

Dr. Matthias Blum

Abteilungsleitung Außenwirtschaft, Außenwirtschaftspolitik, europäische/nationale Industriepolitik