Handelspolitische Flucht nach vorn zwischen Xi und Trump

Europa sucht neue Partner

17. Dezember 2024 | Bericht

Mehr Wettbewerb aus China, neue Zölle in den USA. Mit dem EU-Mercosur-Abkommen kann sich die EU diversifizieren.

Raue Zeiten im Kontext gewaltiger handelspolitischer Umbrüche: Die Europäische Union steht vor der großen Aufgabe, sich handelspolitisch neu zu erfinden und für geopolitische Spannungen fit zu machen, ohne sich abzuschotten. © picture alliance / empics
Raue Zeiten im Kontext gewaltiger handelspolitischer Umbrüche: Die Europäische Union steht vor der großen Aufgabe, sich handelspolitisch neu zu erfinden und für geopolitische Spannungen fit zu machen, ohne sich abzuschotten. © picture alliance / empics

Am Nikolaustag 2024 haben Kommissionspräsidentin von der Leyen und die Staatschefs der Mercosur-Mitglieder die Zusatzvereinbarungen zum EU-Mercosur-Partnerschaftsabkommen unterzeichnet. Damit gingen die Verhandlungen beider Wirtschaftsräume nach 25 Jahren endlich zu Ende. Der VCI hat die Unterzeichnung in seiner Pressemitteilung als wichtiges Signal in schwierigen Zeiten begrüßt.

Allerdings ist das Abkommen damit noch nicht in trockenen Tüchern. Es ist zu erwarten, dass sich gegen die Ratifizierung erheblicher Widerstand einzelner Mitgliedstaaten sowie von Bauern- und Umweltverbänden formiert. Aus Sicht des VCI kann die handels- und geopolitische Bedeutung des Vertrages gerade in Zeiten eines sich zuspitzenden US-chinesischen Hegemonialkonflikts gar nicht überschätzt werden. Es werden nicht nur Zölle und nicht-tarifäre Handelshemmnisse abgebaut, auch mögliche Zollerhöhungen werden für den jeweiligen Partner verhindert. Zudem würde es das Ansehen der EU erheblich schwächen, wenn die Ratifizierung scheiterte.

Welthandel im Umbruch – die Rolle der USA

Parallel warten Wirtschaft und Politik auf die Amtseinführung von Donald Trump zum US-Präsidenten am 20. Januar 2025. Das Personal-Tableau seiner Regierung nimmt Formen an, zudem hat er bereits erste handelspolitische Maßnahmen „ins Schaufenster“ gestellt. Das US-Recht erlaubt ihm durchaus, umgehend Zölle einführen zu können. Letzte Ankündigungen deuten darauf hin, dass er zunächst neue Zölle gegenüber China, Mexiko und Kanada einführen will. Doch auch gegenüber der EU oder einzelne EU-Mitgliedstaaten sind Maßnahmen denkbar. Die deutsche Industrie kann durch US-Zölle direkt oder indirekt betroffen werden – man denke z. B. an Chemikalien in europäischen Autos, an die Substitution chinesischer Produkte in den USA durch EU-Produkte oder aber auch an die Umlenkung chinesischer Exportprodukte in Richtung EU oder Drittstaaten.

In einer Umfrage des VCI zu den Reaktionen auf den US-Wahlausgang halten sich die meisten Unternehmen noch mit Angaben zurück – zu groß ist die Unsicherheit über die tatsächlichen Schritte der Trump-Regierung. Ein Ausbau der „Local-for-local“-Strategien und der Produktion am Standort USA dürften aber Folgen der angekündigten Maßnahmen sein. Auch dürfte sich die Diversifizierung in andere Märkte verstärken: Fast 30 Prozent der Unternehmen geben an, verstärkt Investitionen auch außerhalb der USA durchführen zu wollen.

Welthandel im Umbruch – die Rolle Chinas

Zwei Auslöser der handelspolitischen Umbrüche sind die Geo- und Industriepolitik Chinas mit ihren Auswirkungen auf den Weltmärkten. Mithilfe von kompetenten Gästen haben wir im vergangenen halben Jahr in sechs Terminen unserer Reihe „China-Horizonte“ zu wichtigen Entwicklungen in China und den internationalen Beziehungen Chinas informiert. Am 28. November haben wir mit einem Gespräch mit Christian Forwick, dem neuen Abteilungsleiter für Außenwirtschaftspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, unsere Reihe beschlossen. Die Aufzeichnungen der sechs Termine finden Sie am Schluss dieses Berichts.

EU-Handelskommissar vor großen Aufgaben

Kommissionspräsidentin von der Leyen hat in Maroš Šefčovič einen erfahrenen Kommissar für „Handel und wirtschaftliche Sicherheit“ benannt. Er steht vor der großen Aufgabe, die EU handelspolitisch neu zu erfinden und für geopolitische Spannungen fit zu machen, ohne sie abzuschotten.

Die VCI-Veranstaltungsreihe „China-Horizonte“ zum Nachlesen und -schauen

Kontakt

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Dr. Matthias Blum

Dr. Matthias Blum

Abteilungsleitung Außenwirtschaft, Außenwirtschaftspolitik, europäische/nationale Industriepolitik