US-Handelspolitik

Schlag auf Schlag

27. Februar 2025 | Bericht

Die Regierung Trump macht Ernst: Seit Amtsantritt wurden wiederholt neue Zölle angekündigt.

Geopolitisches Powerplay anstelle eines regelgebundenen Systems? Die Zollpolitik der neuen US-Administration erschüttert geltende Prinzipien und etablierte Allianzen. Das ist aus Sicht des VCI einer der Faktoren, die die Welthandelsordnung der vergangenen 80 Jahre ins Wanken bringen. © picture alliance / dpa / TASS
Geopolitisches Powerplay anstelle eines regelgebundenen Systems? Die Zollpolitik der neuen US-Administration erschüttert geltende Prinzipien und etablierte Allianzen. Das ist aus Sicht des VCI einer der Faktoren, die die Welthandelsordnung der vergangenen 80 Jahre ins Wanken bringen. © picture alliance / dpa / TASS

US-Präsident Trump erschüttert im Eiltempo die Weltordnung nach 1990. Zölle stellen bei seinem Versuch einer Neuordnung einen zentralen Hebel dar. Die US-Zollpolitik wird ebenso wie die US-Innen- und -Außenpolitik die Lage der deutschen chemisch-pharmazeutischen Industrie beeinflussen. Auch wenn das Bild noch unvollständig ist – evident ist, dass Zolldrohungen und Zölle zur alltäglichen US-Politik gehören werden und dass alte Allianzen auf dem Prüfstand stehen.

Der Januar 2025 war noch nicht vorüber, da drohte US-Präsident Trump verschiedenen Staaten neue Zölle an: Kolumbien, Mexiko, Kanada – alle langjährige Partner der USA und mit diesen über vertragliche Vereinbarungen verbunden. Importe aus China wurden „across the board“ mit zusätzlichen 10 Prozent belegt. Seitdem werden im Wochentakt neue Maßnahmen in den Raum gestellt. Es folgten die Ankündigung, die Aussetzung der Stahl- und Aluminiumzölle aufzuheben, die insbesondere Verbündete trifft, die Einleitung eines Prozesses zur Vorbereitung der Verhängung „reziproker Zölle“ und zuletzt die Androhung von 25-prozentigen-Zöllen auf Importe von Automobilen, Pharmazeutika und Halbleitern.

Pharmazeutika wurden in der jüngsten Ankündigung neuer Zölle dezidiert genannt, allerdings ist noch offen, gegen welche Länder genau die Zölle fällig werden sollen. Chemische Produkte standen bisher noch nicht im Fokus. Bei „reziproken Zöllen“ dürften sie wegen ähnlicher Zollhöhen in den USA und der EU aufgrund des „Chemical Tariff Harmonisation Agreements“ im Rahmen der WTO eigentlich nicht im Zentrum der US-Administration stehen. Diese Tatsache sollte aber keinesfalls als Entwarnung verstanden werden. Auch die angedrohten Pharma-Zölle fußen nicht auf dem Gedanken „reziproker Zölle“ und wurden trotzdem angekündigt. Zudem ist zu erwarten, dass die USA auch andere Aspekte vermeintlich unfairer Wettbewerbsbedingungen zur Begründung von Zöllen heranziehen werden als nur die Höhe der EU-Zölle. Und US-Präsident Trump hat oft kundgetan, dass er Zölle für ein politisches Instrument hält, das konkreten Einsatz finden kann – jenseits von bloßen Drohungen.

Absehbar ist, dass die deutsche chemisch-pharmazeutische Industrie negativ betroffen werden wird, ob direkt oder indirekt – wie im Bereich von Auto-Zöllen oder Zöllen z. B. gegenüber Mexiko. An spekulativen Quantifizierungen der Effekte für die Branche beteiligt sich der VCI nicht – zu viel an den bisher angedrohten Zollerhöhungen ist unklar, zu schnell ändert sich die Lage, zu unterschiedlich sind die Konditionen auf den verschiedenen Produktmärkten, zu viele Wirkmechanismen existieren. Klar ist aber auch: Höhere Zölle werden auch die US-Bürger belasten, ob über die Inflation oder z. B. bei ihrer Gesundheitsversorgung.

Die Zölle und Europa

Europa steht bisher noch nicht dezidiert im Zentrum einzelner Maßnahmen. Europas Wirtschaft ist dennoch bereits sehr wohl mit betroffen, und es steht zu erwarten, dass die EU selbst auch direkt in den Fokus der US-Handelspolitik rücken wird, sobald es opportun erscheint. Was sollte die EU tun? Evident ist bisher: Zollthemen werden mit anderen Politikfeldern verknüpft. Die USA nutzen Zolldrohungen auch zur Durchsetzung andersgearteter Interessen – diese divergieren von Land zu Land. Und es scheint egal, ob langjährige Partner oder geopolitische Rivalen getroffen werden.

Brüssel und Berlin müssen, genauso wie die Wirtschaft, mit der politischen Unsicherheit fertig werden, die mit Präsident Trump ins Weiße Haus eingezogen ist – diese Büchse der Pandora steht seit dem 20. Januar 2025 bereits sperrangelweit offen. In der derzeitigen Situation wäre es gut, wenn die EU geschlossen agiert und die US-Drohungen als Gesprächsangebot für bilaterale Verhandlungen zum Interessensausgleich interpretiert. Da zudem immer deutlicher wird, dass die neue US-Zollpolitik systematisch sowohl ihre internationalen Verpflichtungen und die internationalen Regeln wie auch etablierte Allianzen der USA unterläuft, sollte sich die EU eng mit anderen betroffenen Partnerländern abstimmen.

Wanted: Die geopolitische EU-Kommission

Über die grundsätzliche geopolitische Stoßrichtung der Trump-Administration lässt sich viel mutmaßen – die Diskussion um Grönland, Panama oder auch den Krieg in der Ukraine sind erste Indizien für einen weitreichenden Paradigmenwechsel. Die USA, China und Russland stellen sich als Akteure auf der Weltbühne neu auf. Umso wichtiger ist, dass die zweite Von der Leyen-Kommission zu einer wirklich geopolitischen Kommission wird und die EU-Mitgliedstaaten den Willen und die Kraft aufbringen, gemeinsam die europäische Position in die Neuordnung der Welt einzubringen. Die EU hat das Spiel nicht eröffnet, sie kann aber nicht nicht mitspielen. Ein starker Industriestandort, mehr Innovationen, mehr Investitionen in Verteidigung und der Aufbau internationaler Partnerschaften müssen zentrale Pfeiler der neuen EU-Politik werden.

Was zuletzt geschah

In der Nacht vom 26.. auf den 27. Februar 2025. war es so weit: Präsident Trump nahm explizit die EU ins Visier und drohte ihr 25-prozentige Zölle an. Die Ankündigung blieb allerdings zunächst so offen, dass eine genauere Bewertung nicht möglich ist. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

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Dr. Matthias Blum

Dr. Matthias Blum

Abteilungsleitung Außenwirtschaft, Außenwirtschaftspolitik, europäische/nationale Industriepolitik