chemie-report-Serie „Bürokratieabbau" – Teil 6: Bürokratie im europäischen Tierarzneimittelrecht

Industrie hofft auf weniger Bürokratie

23. Juli 2019 | Bericht

Das Thema Bürokratieabbau ist seit Jahren Teil der politischen Debatten. Die praktische Umsetzung der Versprechungen hat dagegen deutlich an Fahrt verloren. Der VCI möchte mit seiner Artikelserie in gebündelter Form auf bürokratische Hemmnisse hinweisen, denen VCI-Mitglieder ausgesetzt sind. Thema dieser Ausgabe ist Bürokratie im europäischen Tierarzneimittelrecht.

In der Serie „Bürokratieabbau" der VCI-Mitgliederzeitschrift chemie report wird auf bürokratische Hemmnisse und wie diese zu überwinden sein könnten, hingewiesen. - Foto: © mnirat/stock.adobe.com
In der Serie „Bürokratieabbau" der VCI-Mitgliederzeitschrift chemie report wird auf bürokratische Hemmnisse und wie diese zu überwinden sein könnten, hingewiesen. - Foto: © mnirat/stock.adobe.com

Anfang 2019 wurde eine neue EU-Verordnung über Tierarzneimittel veröffentlicht. Die Hoffnung der Branche, unnötigen Bürokratieaufwand reduzieren und Ressourcen für Innovationen frei machen zu können, wurde nur teilweise erfüllt. Jetzt hängt Vieles von der Ausgestaltung der 25 Nachfolgerechtsakte ab.

Bürokratieabbau ist im Tierarzneimittelrecht dringend notwendig. In Europa muss ein Drittel des Budgets für Forschung und Entwicklung (F+E) investiert werden, um Produkte auf dem Markt zu halten. Mittlerweile fließen nur noch etwa 8 Prozent des Umsatzes zurück in F+E. Neben stetig steigenden Anforderungen und einem unsicheren Marktumfeld trägt der steigende bürokratische Aufwand dazu bei, dass der Anteil neuer Produkte bei der Marktzulassung von über 50 auf 10 Prozent gesunken ist.

Viel Bürokratie: Im Verhältnis zum Umsatz machen die administrativen Kosten bei Tierarzneimitteln bei der bisherigen Gesetzgebung etwa 13 Prozent aus. Das ist doppelt so viel wie bei Humanarzneimitteln. Die Branche hofft, dass sich das zukünftig ändert. Quellen: Bundesverband für Tiergesundheit (BfT), EFPIA; AnimalhealthEurope
Viel Bürokratie: Im Verhältnis zum Umsatz machen die administrativen Kosten bei Tierarzneimitteln bei der bisherigen Gesetzgebung etwa 13 Prozent aus. Das ist doppelt so viel wie bei Humanarzneimitteln. Die Branche hofft, dass sich das zukünftig ändert. Quellen: Bundesverband für Tiergesundheit (BfT), EFPIA; AnimalhealthEurope

Europa bedeutet in der Tiergesundheitsindustrie aktuell 28 Mitgliedsstaaten mit 42 Zulassungsbehörden und vier unterschiedliche Zulassungsverfahren. 90 Prozent der Marktzulassungen sind noch national. Zur Reduktion der Komplexität war Ziel der Industrie: ein Dossier, eine Bewertung und eine Marktzulassung für alle Mitgliedsstaaten. Bei Beibehaltung der drei anderen Zulassungsverfahren ist die nun erfolgte Öffnung des „zentralen Verfahrens“ über innovative Arzneimittel hinaus ein zu kleiner Schritt.

Auch andere positive Ansätze wurden im Gesetzgebungsprozess verwässert. Harmonisierte Regelungen zu Zulassungsverlängerung, Kennzeichnung von Tierarzneimitteln, Bearbeitung von Änderungsanzeigen und hinsichtlich der Abläufe bei der Überwachung von Produkten auf dem Markt (Pharmakovigilanz) sollten Bürokratie abbauen. Ob dies gelingt, werden erst die Detailregelungen und die praktische Umsetzung zeigen.

Die Pharmakovigilanz macht mittlerweile den größten Anteil der administrativen Kosten aus – mehr als das Doppelte der Kosten eines Antrags auf Marktzulassung. Durch einen risikobasierten Ansatz sollen nun unter anderem Routineberichte, die nicht zur Arzneimittelsicherheit beitragen, ersetzt werden.

Eine nun vorgesehene verpflichtende Harmonisierung der Anwendungsbedingungen von gleichartigen Produkten könnte Produktanwendungen einschränken und zu Forderungen nach ergänzenden Unterlagen führen. Das kann Produkte unwirtschaftlich machen.

Der geplante Aufbau von umfangreichen europaweiten Datenbanken zu den Produkten, zur Antibiotikaanwendung, zur Pharmakovigilanz und zu Herstellung/ Vertrieb verbunden mit der Integration der derzeitigen nationalen IT-Lösungen sind eher eine große Bürde, bevor sie eventuell Teil der angestrebten vereinfachten Strukturen sein können.

Um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu stärken, sollte bei der Umsetzung der Verordnung weiter Bürokratie abgebaut und Innovationsanreize gesetzt werden. Geplante gesetzliche Vorschriften müssen mit den notwendigen Ressourcen bei den Behörden einhergehen.

Dieser Artikel stammt aus dem chemie report 9/2019.

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 Jürgen Udwari

Jürgen Udwari

Pressesprecher Energie, Klimaschutz und Rohstoffe