REGULIERUNGSVORHABEN

Folgen der Ethanol-Einstufung

08. November 2024 | Position

Die Verwendung von Ethanol als Chemikalie, biozider Wirkstoff und Lebensmittelinhaltsstoff ist unverzichtbar.

Je nach Ausgang der Einstufung können die Folgen für Ethanol als bewährter und sicherer Wirkstoff in Biozidprodukten problematisch sein - und bis zu einem Verwendungsverbot reichen. © tl6781/stock.adobe.com
Je nach Ausgang der Einstufung können die Folgen für Ethanol als bewährter und sicherer Wirkstoff in Biozidprodukten problematisch sein - und bis zu einem Verwendungsverbot reichen. © tl6781/stock.adobe.com

Ethanol-Einstufung: Schwerwiegende Folgen drohen unmittelbar.

Ethanol wird im Rahmen der Biozidprodukte-Verordnung als Wirkstoff geprüft. Die bewertende griechische Behörde hat das Bewertungsdossier mit einem Einstufungsvorschlag unter anderem als reproduktionstoxisch der Kategorie 2 im März 2024 an die ECHA weitergeleitet. Ein Abschluss des Verfahrens wird für das Jahr 2025 erwartet. Wir sehen diese Entwicklung mit großer Sorge, da unmittelbare Auswirkungen auf die Anwendungen als Chemikalie, biozider Wirkstoff und Lebensmittelinhaltsstoff drohen. Da die Gefahreneigenschaften nur bei einer (missbräuchlichen) oralen Aufnahme relevant sind, die bei der Verwendung ethanolhaltiger chemischer Produkte praktisch nicht vorkommt, ist die formal regulatorische Gefahreneinstufung von Ethanol dringend auf Ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen.

Biozidprodukte-Verordnung (EU) Nr. 528/2012

Je nach Ausgang der Einstufungsdiskussionen können die Folgen für Ethanol als bewährter und sicherer Wirkstoff in Biozidprodukten sehr problematisch sein und bis zu einem Verwendungsverbot reichen. Betroffene Biozidprodukte sind beispielsweise Hand- oder Flächendesinfektionsmittel auf Ethanolbasis, die wirksam, gut verfügbar und gleichzeitig unbedenklich in der Anwendung sind. Zusätzlich werden negative Folgen über das Biozidrecht hinaus erwartet, da sich eine Herstellereinstufung frühzeitig auf Lieferketten der gesamten Industrie auswirken würde, die auf Ethanol basierende Produkte verwenden. In den Bewertungsverfahren zeichnet sich zudem ab, dass Ethanol als CMR-Stoff (=krebserzeugend, erbgutverändernd, fruchtschädigend) der Kategorie 1A/1B aufgrund der oralen Aufnahme eingestuft werden wird. Eine Verwendung in Biozidprodukten für die breite Öffentlichkeit (private Endverbraucher) wäre dann grundsätzlich nicht mehr möglich.

CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008

Gleiches gilt für die Verwendung als omnipräsente und sichere Industriechemikalie, da das Verfahren der „harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung“ (CLH) unter der CLP-Verordnung in Kürze automatisch angestoßen wird. Basierend auf der CLP-Gefahreneinstufung als CMR-Stoff der Kategorie 1A/1B greifen eine Reihe von automatischen Rechtsfolgen in EU-Verordnungen und nationalem Recht. Der CLH-Prozess darf nicht weiter als Automatismus gehandhabt werden. Die EU-Kommission ist aufgefordert, unverhältnismäßige Auswirkungen zu vermeiden und zu prüfen, ob durch die geplante Einstufung ein verbesserter Schutz im Sinne von CLP erreicht werden kann. Aus dem beruflichen Kontext sind basierend auf epidemiologischen Daten keine Probleme im Zusammenhang mit Ethanol bekannt. Die harmonisierte Einstufung von Stoffen darf hier kein Selbstzweck sein, da schwerwiegende Auswirkungen auf Industriesektoren und Verwendungen befürchtet werden. In meisten Bereichen existieren keine oder keine besseren Stoffalternativen zu Ethanol hinsichtlich des Verbraucher- und Arbeitsschutzes. Ein Auszug von betroffenen Sektoren und Anwendungen finden Sie untenstehend:

  • Lösungsmittel & Hilfsstoffe in der chemischen Industrie
  • Haut-, Hände- & Flächendesinfektionsmittel
  • Druckfarben & Beschichtungsstoffe
  • Arbeitsschutzregelungen
  • Kraftstoffe und Kraftstoffzusätze
  • Wasch-, Pflege-, Reinigungsmittel
  • Handwerk, Handel & weitere gewerbliche Anwendungen
  • Medizinprodukte & Diagnostika
  • Pharmazeutische Industrie
  • Lebensmittelindustrie

Konkrete VCI-Forderungen

Die Verwendung von Ethanol als Chemikalie, biozider Wirkstoff und Lebensmittelinhaltsstoff ist unverzichtbar, sicher und muss uneingeschränkt bestehen bleiben!

  • Die formale Eignung der zugrundeliegenden Studiendaten für die Einstufung soll erneut geprüft werden!
  • Es muss dringend abgewogen werden, ob eine regulatorische Einstufung als CMR-Stoff angemessen bzw. verhältnismäßig ist und zum Erreichen der grundsätzlichen Schutzziele führt!
  • Das Ausloten von regulatorischen oder politischen Lösungen (Nicht-Einstufung/ gezielte Einstufung von „Ethanol-Formen“/ generische Ausnahmeregelungen) muss dringend stattfinden!
  • Eine Verschiebung der Regulierungsvorhaben sollte erwogen werden, um vorschnelle und schwerwiegende Auswirkungen auf die Industrie zu verhindern („Genauigkeit vor Schnelligkeit!“).

Weitere Details finden Sie auch in unseren Positionspapieren untenstehend zum Download.

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Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dr. Florian Ritz

Dr. Florian Ritz

CLP, Einstufung und Kennzeichnung, GHS, Ethanol, Giftinformation, Ökotoxikologie, Partikeleffekte, Sicherheitsdatenblatt