Kunststoffe und REACH

EU bereitet Beschränkung für Mikroplastik vor

22. Mai 2019 | Bericht

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat im Auftrag der EU-Kommission die Gesundheits- und Umweltrisiken von Mikroplastikpartikeln untersucht, die Produkten absichtlich zugesetzt werden. Die Behörde schlägt eine Beschränkung im Rahmen von REACH vor. Bis zum 20. September 2019 können Unternehmen nun bei der ECHA Kommentare zu dem Vorschlag einreichen.

Als Mikroplastik werden Plastikpartikel bezeichnet, die kleiner als 5 mm sind. - Bild: © Picture Alliance-Bildagentur-online Ohde
Als Mikroplastik werden Plastikpartikel bezeichnet, die kleiner als 5 mm sind. - Bild: © Picture Alliance-Bildagentur-online Ohde

Im Rahmen ihrer Aktivitäten zur Kreislaufwirtschaft hat die EU-Kommission Anfang 2018 eine europäische Strategie für Kunststoffe veröffentlicht. Diese zielt unter anderem darauf ab, die Freisetzung von Kunststoffen in die Umwelt zu reduzieren (siehe chemie report 3/2018). Vor diesem Hintergrund hat die ECHA nun Mikroplastikpartikel, die Produkten absichtlich zugesetzt werden, bewertet. Obwohl die Behörde in ihrem Dossier feststellt, dass die wissenschaftliche Literatur nicht darauf hindeutet, dass Mikrokunststoffe derzeit erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt haben, kommt sie zu dem Schluss, dass eine Beschränkung notwendig ist. Als Begründung führt sie die „extreme Persistenz“ von Mikroplastik und die dadurch bedingte Anreicherung in der Umwelt an.

Um das Ausmaß der Emissionen aus absichtlich zugesetzten Mikrokunststoffen zu ermitteln, wird in dem Beschränkungsdossier folgender Vergleich gezogen: Auf das Gewicht bezogen entsprachen die Emissionen der untersuchten Mikrokunststoffe mit 36.000 Tonnen pro Jahr etwa 0,2 Prozent der Kunststoffabfälle, die 2016 ohne ordnungsgemäße Kontrolle in der EU28 entsorgt wurden (siehe Grafik).

Alle Verwendungen betroffen

Konkret sieht der Vorschlag der ECHA die Beschränkung der Verwendung von Polymeren als absichtlich zugesetzte Mikroplastikpartikeln in Produkten jeglicher Art für den Verbraucher oder den professionellen Anwender vor.

Vollständig ausgenommen von dem Verbot werden nur Polymere, die in der Natur vorkommen, sowie Polymere, die (biologisch) abbaubar sind. Für bestimmte Kosmetikprodukte, Arzneimittel, gekapselte Duftstoffe sowie Düngemittel und Pflanzenschutzmittel sind Übergangsfristen von zwei bis sechs Jahren vorgesehen.

Für bestimmte Produkte, die von dem eigentlichen Verbot ausgenommen werden, sollen umfangreiche, zusätzliche Kennzeichnungs- und Kommunikationspflichten für Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender sowie jährliche Meldepflichten bei der ECHA für nachgeschaltete Anwender in der Lieferkette eingeführt werden (siehe Kasten). Für diese Produkte soll die ECHA jährlich jeweils bis zum 31. März einen zusammengefassten Bericht über die Verwendung von Mikroplastik auf Basis der Meldungen veröffentlichen.

Unklare Definition

Viele Unternehmen wären von der Beschränkung betroffen. Branchen wie der Kosmetikindustrie steht das Verbot bestimmter Produkte bevor. Hersteller von Farben und Lacken oder Arzneimitteln hätten zusätzliche Kennzeichnungs- und Meldepflichten und damit großen bürokratischen Aufwand, der in keinem Verhältnis zum möglichen Erkenntnisgewinn steht.

In seiner Bewertung des Vorschlags kommt der VCI daher zu dem Ergebnis, dass eine Beschränkung, die den Gesamteintrag von Mikrokunststoffen nur um 0,2 Prozent verringert, weder wirksam, noch effektiv oder verhältnismäßig ist.

Außerdem hat der VCI Zweifel, dass das vorgelegte Dossier die Vorgaben der REACH-Verordnung in Bezug auf die genaue Beschreibung der Stoffidentität erfüllt. Es ist nämlich unklar, ob durch das Dossier Polymere oder Mikroplastik beschränkt werden sollen. Die vorgeschlagene breite Definition, die diverse Polymere umfasst, führt zu Problemen und Unklarheiten.

Das hat zur Folge, dass praktisch ausnahmslos alle polymerhaltigen Stoffe und Gemische unter die Beschränkung fallen und eine Abgrenzung nicht möglich ist. Dadurch wird eine erhebliche Rechtsunsicherheit geschaffen. Aus Sicht des VCI ist daher eine Anpassung der Definition erforderlich. Statt allgemein alle Polymere zu adressieren, sollten Stoffe eindeutig benannt werden.

Die ECHA bleibt auch den für die Einleitung des Beschränkungsverfahrens zwingend erforderlichen Nachweis eines unannehmbaren Risikos für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt schuldig. Alleine aus dem Hinweis auf die „extreme Beständigkeit“ (Persistenz) der Partikel kann aus VCI-Sicht kein begründeter Anlass zur Besorgnis abgeleitet werden. Das ist nur stoffbezogen möglich.

Unternehmen sollten aktiv werden

Die ECHA-Ausschüsse für Risikobewertung (RAC) und sozioökonomische Analyse (SEAC) prüfen nun den Beschränkungsvorschlag und wollen ihre Stellungnahmen im Frühjahr 2020 an die EU-Kommission übermitteln. Wenn die Beschränkung den gesetzlichen Anforderungen entspricht, kann die Kommission dann eine Änderung der REACH-Verordnung vorschlagen.

Der VCI empfiehlt allen betroffenen Herstellern, den Vorschlag der ECHA gründlich zu prüfen und Informationen über betroffene Verwendungen und über Auswirkungen der Beschränkung möglichst frühzeitig in die ECHA-Konsultation einzubringen.

Mikroplastik-Nutzung soll bald gekennzeichnet und mitgeteilt werden bei …

  • Mischungen, die Mikrokunststoffe enthalten und in Industrieanlagen verwendet werden
  • Arzneimitteln für den menschlichen oder tierärztlichen Gebrauch
  • Stoffen oder Gemischen, bei denen Mikrokunststoffe bei der Verwendung ­dauerhaft in eine feste Matrix eingebaut werden
  • Stoffen oder Gemischen, deren Eigenschaften sich bei der Verwendung so verändern, dass nicht mehr von Mikroplastik gesprochen werden kann

Infografik

© VCI

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 Ulrike Zimmer

Ulrike Zimmer

Bereichsleitung Wissenschaft, Technik und Umwelt, Geschäftsführung Fonds der Chemischen Industrie (FCI)