11. November 2020 | Information
Fast viereinhalb Jahre sind vergangen, seit die Menschen im Vereinigten Königreich (UK) mehrheitlich für einen Austritt ihres Landes aus der EU gestimmt haben. Formal ist der „Brexit“ seit Ende Januar 2020 in Kraft, hat aber seine Wirkung aufgrund von Übergangsfristen noch nicht entfaltet. Ein harter Brexit könnte immer noch zum 1. Januar 2021 eintreten. Zumindest zeichnet sich nunmehr ab, welche Regelungen zum Chemikalienrecht künftig im UK gelten sollen.
Auf das Referendum über den Austritt des UK aus der EU im Jahre 2016 folgten lange Verhandlungen über ein Austrittsabkommen. Nach einer mühsamen Ratifizierung dieses Abkommens im UK nach Neuwahlen, ist der Brexit dann formell am 31. Januar 2020 eingetreten. Es gilt jedoch ein Übergangszeitraum bis 31. Dezember 2020, in dem das EU-Recht weiterhin jenseits des Ärmelkanals gilt. Eine Verlängerung dieses Zeitraumes, um die Verhandlungen über die zukünftige Beziehung in Ruhe abschließen zu können, hat das UK trotz der Corona-Pandemie abgelehnt. Sofern eine Einigung nicht in Kürze erreicht wird, droht wieder einmal ein „harter Brexit“ und zwar zum Jahresende.
Übergang von EU-REACH zu UK-REACH
Im Bereich der europäischen Chemikalienverordnung REACH müssen sich Unternehmen, sowohl in der EU als auch im UK, nach wie vor auf die Zeit nach dem Brexit vorbereiten. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat frühzeitig Q&A mit Übergangslösungen bereitgestellt und Anfang November 2020 erneut aktualisiert.
Das UK ist noch immer mit der Erarbeitung eines eigenen Chemikalienrechts (UK-REACH) befasst, das zum 1. Januar 2021 in Kraft treten soll. Zu den zu erwartenden Regelungen hat die zukünftige britische Chemikalienagentur HSE (Health and Safety Executive) detaillierte Guidance veröffentlicht. Erfreulich ist, dass zumindest Übergangsfristen hinsichtlich der neuen Pflichten nach UK-REACH geplant sind, denn insbesondere die zahlreichen nach UK-REACH erforderlichen Stoffregistrierungen sind zeit- und kostenaufwendig. Die Guidance ist nach Szenarien und Akteuren gegliedert. Zentral sind Fragen zur Registrierung. Aber auch Fragen zu Zulassungen und Sonderregelungen hinsichtlich Nordirland werden erläutert.
Verbände fordern Vermeidung von doppeltem Aufwand
Cefic, VCI und der britische Chemieverband CIA ziehen bei den Themen „UK-REACH“ und „Zukünftige Zusammenarbeit der zuständigen Behörden“ an einem Strang. Ein Cefic/CIA-Vorschlagspapier zur Ausgestaltung einer engen Kooperation zwischen der Europäischen Chemikalienagentur und den britischen Behörden wurde an die Verhandlungsparteien übermittelt. Cefic, CIA und VCI unterstreichen darin die Notwendigkeit von Erleichterungen im Bereich von Registrierungen im neuen britischen Chemikalienrecht.
Um Doppelungen des Aufwands zu vermeiden, sollten bereits nach EU-REACH registrierte Stoffe nach Meinung der Chemieverbände nicht ausnahmslos im UK erneut registriert werden müssen. Vielmehr sollte ein Datenaustausch zwischen ECHA und HSE und eine darauf basierende Anerkennung von EU-REACH-Registrierungen im UK erfolgen. Denkbar wäre es, dies in einem „Chemicals Annex“ im Rahmen der Verhandlungen zwischen der EU und dem UK zu regeln. Ob eine Einigung über entsprechende Detailregelungen vor dem Hintergrund des knappen Zeitplans und der Differenzen bezüglich zentraler Verhandlungspunkte noch erreicht werden kann, ist aber leider noch immer offen.
Service:
- Q&A der Europäischen Chemikalienagentur ECHA zum Thema „Brexit und REACH“
- Guidance der britischen Chemikalienagentur HSE zu „UK-REACH“
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Dominik Jaensch
Rechtsfragen REACH, Strafrecht, Versicherungsfragen, Verwaltungs-/Umwelthaftungsrecht
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