07. November 2024 | Bericht
Die chemisch-pharmazeutische Industrie in Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt treibhausgasneutral zu werden.
Um Wege und Lösungen zu finden, hatten der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) im Mai 2021 die Plattform Chemistry4Climate ins Leben gerufen.
Insgesamt waren über 80 Stakeholder aus der Industrie, Politik und Zivilgesellschaft bei C4C vertreten. Die beteiligten Unternehmen kamen aus den Branchen Chemie, Energie, Entsorgung, Anlagenbau Gebäude und Verkehr sowie weiteren energieintensiven Branchen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) förderte die Arbeit der Plattform.
Mit der VCI-Roadmap 2050 vom Herbst 2019 hatte die deutsche chemische Industrie bereits analysiert, ob und wenn ja wie, der Weg zu einer treibhausgasneutralen Chemie möglich war. Technisch war es möglich, jedoch mit zahlreichen Voraussetzungen verbunden. Vor allem wurden große Mengen an erneuerbarem Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen benötigt, sowie eine ausreichende Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff. Ferner mussten neue Quellen für Kohlenstoff zur stofflichen Nutzung mobilisiert werden, wenn die fossilen Träger weitestgehend entfielen. Nur dann kamen die Investitionen in die neuen Technologien zustande.
Mit Chemistry4Climate sollte die Roadmap auf einen aktuellen Stand gebracht und im großen Stakeholderkreis ein neuer Technologiepfad entwickelt werden. Wie konnte die Treibhausgasneutralität bereits 2045 erreicht werden? Waren die Anforderungen hierfür umsetzbar?
Darüber hinaus hatte die Plattform den Anspruch, konkrete Empfehlungen für politische Entscheider:innen zu entwickeln. In verschiedenen Arbeitsgruppen befassten sich Expert:innen mit zentralen Themen wie Energieversorgung und -infrastruktur, Kreislaufwirtschaft und Rohstoffversorgung und den notwendigen regulatorischen Rahmenbedingungen für das Gelingen der Transformation.
Chemistry4Climate stellte sich außerdem der Herausforderung, die aktuellen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und damit völlig veränderte außen-, sicherheits- und energiepolitische Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
Im November 2024, also bereits 18 Monate nach Vorlage des Abschlussberichts von Chemistry4Climate, wurde ein Update der Szenarien vorgelegt. Mitten in die ursprüngliche Projektzeit von Mai 2021 bis Mai 2023 fiel die Energiepreiskrise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, deren Auswirkungen zwar bei der Erarbeitung der qualitativen Schlussfolgerungen und Empfehlungen, nicht aber bei den quantitativen Aussagen im Fact Finding und den Szenarien berücksichtigt werden konnten. Hohe Erdgas- und Stromkosten sind nicht nur Gift für die Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch für die Transformation. DECHEMA hat im Auftrag des VCI und VDI untersucht, wie sich die Produktionsmengenrückgänge auf den Transformationspfad der Chemie auswirken. Verringerte Bedarfe insbesondere nach Strom und Wasserstoff wurden quantifiziert. Diese Reduktion macht die Transformation aber nicht leichter. Vielmehr resultieren aus den geringeren Produktionsmengen verringerte Wertschöpfung, weniger Arbeitsplätze sowie ein Resilienzverlust, ohne dabei einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.