15. Januar 2024 | Standpunkt
Chemie und Pharma werben vor der Europawahl für eine starke EU – mit klarer industriepolitischer Agenda.
Der europäische Einigungsprozess: bislang eine Erfolgsgeschichte, die weltweit ihresgleichen suchte. Was als wirtschaftliche Zweckgemeinschaft einiger weniger Staaten begann, entwickelte sich größtenteils zu einer starken Wertegemeinschaft. Viele Menschen führen in der EU ein gutes Leben in Sicherheit und Wohlstand. Doch die starke ökonomische und politische Stellung Europas in der Welt ist gefährdet – durch Entwicklungen von außen, aber zunehmend auch durch eigene Defizite wie nationale Egoismen und einen gewissen Hang zu Lethargie und Mikromanagement. Damit die EU nicht ins Abseits gerät, mehr noch: damit sie vielleicht in neuem Glanz erstrahlt, muss jetzt unbedingt gegengesteuert werden. Die Europawahl im Juni bietet gute Chancen für eine Neujustierung.
Nach der Europawahl: Errungenschaften verteidigen
Einige der größten Errungenschaften der EU liegen in ihrem Binnenmarkt und dessen Grundfreiheiten begründet: dem freien Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital. Dieser Grundstock, noch zu ergänzen um Vielfalt und Meinungsfreiheit, muss stets aufs Neue verteidigt werden. Die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie, die mehr als die Hälfte ihrer Exporte in andere EU-Staaten liefert, sagt seit jeher klar „Ja“ zu Europa.
Abschottung, nationalistische Egotrips und gestrige Narrative sind in unserer immer enger verflochtenen Welt nicht zielführend – weder für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen noch für die Partner der EU. Nur eine starke und offene Gemeinschaft mit wettbewerbsfähiger und zukunftsorientierter Industrie kann Lösungen mitgestalten für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen, für nachhaltige Wertschöpfung und Wohlstand und für gesellschaftlichen Wandel. Die EU als Kristallisationspunkt für innovative Zukunftstechnologien – dieses Ziel müssen wir verwirklichen.
Industriepolitische Agenda aufsetzen
Doch wie kommen wir dahin? Was bringt die Wirtschaft weiter? Die Antwort lautet: Pragmatismus, Schnelligkeit und weniger Bürokratie. Leider ist eher das Gegenteil der Fall.
Die EU ist in vielem zu kleinkariert, übergriffig und verzagt geworden. Für die kommende Legislaturperiode wirbt die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie deshalb für einen neuen Politikstil: Die EU muss mehr fördern, Anreize schaffen, Freiräume lassen – und insgesamt für ein Umfeld sorgen, in dem sich unsere Branche angemessen entfalten kann.
Dr. Markus Steilemann
VCI-Präsident
Dieser Beitrag ist Teil des VCI-Politikbriefs „Europa kann mehr!“ (Januar 2024).
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