24. Mai 2023 | Bericht
Die Europäische Kommission hat ihr Patentpaket veröffentlicht.
Die Europäische Kommission hat am 27. April 2023 ihr Patentpaket veröffentlicht. Das Patentpaket umfasst drei Regelungsbereiche, nämlich Zwangslizenzen, Ergänzende Schutzzertifikate (Supplementary Protection Certificates, SPC) für Arznei- und Pflanzenschutzmittel sowie standardessenzielle Patente (SEP). Insgesamt hat die EU-Kommission hierzu sechs Verordnungsvorschläge vorgelegt.
In ihrer Pressemitteilung zum Patentpaket fast die EU-Kommission die Ziele und Inhalte zu den drei Regelungsbereichen wie folgt zusammen.
Zwangslizenzen
“The new rules foresee a new EU-wide compulsory licensing instrument that would complement EU crisis instruments, such as the Single Market Emergency Instrument, HERA regulations and the Chips Act. In the aftermath of the COVID-19 crisis, these new rules further enhance the Union's resilience to crises, by ensuring access to key patented products and technologies in crises, should voluntary agreements not be available or adequate.”
Ergänzende Schutzzertifikate
“This initiative introduces a unitary SPC to complement the Unitary Patent. The SPC reform also introduces a centralised examination procedure, implemented by EUIPO, in close cooperation with EU national IP offices. Under this regime a single application will be subjected to a single examination process that, if positive, will result in the granting of national SPCs for each of the Member States designated in the application. The same procedure may also result in the grant of a unitary SPC.”
Standardessentielle Patente
“The proposed SEP licensing framework aims to create a balanced system, setting a global benchmark for SEP transparency, reduction of conflicts and efficient negotiations. It has the following two main objectives:
- Ensuring that both EU SEP owners and implementers innovate in the EU, make and sell products in the EU and are competitive on global markets.
- Ensuring that end users, including SMEs and consumers, benefit from products based on the latest standardised technologies at fair and reasonable prices.
The proposed SEP licensing framework will provide additional transparency regarding SEP portfolios, aggregate royalty (when patents of several holders are involved) and allow for more efficient means for parties to agree on FRAND terms of their licences. The proposal introduces measures on the following aspects: a SEP register, database and essentiality checks; expert opinions on SEP aggregate royalty; FRAND determination by means of conciliation in lieu of costly litigation; SME support measures; and the establishment of a ‘Competence centre' at the European Union Intellectual Property Office (EUIPO).“
Erste Bewertung der Vorschläge durch den VCI
SPC sind seit ihrer Einführung, neben den entsprechenden Patenten, der Grundpfeiler für den Schutz von Innovationen in der pharmazeutischen und der Pflanzenschutzmittel-Industrie. Mit ihnen kann die Laufzeit von Patenten um maximal 5 Jahre verlängert werden. Patentinhaber erhalten damit einen Ausgleich, wenn ein großer Teil der Patentlaufzeit durch lange Zulassungsverfahren verstreicht, ohne dass die bereits patentierten Produkte auf den Markt gebracht werden dürfen. Zwangslizenzen ermöglichen es einem Staat oder einer Regierung, ein Patent oder eine andere Form des geistigen Eigentums auch ohne die Zustimmung des Inhabers zu nutzen oder zu lizenzieren.
Der VCI begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Einführung eines Einheits-SPC und eines einheitlichen Erteilungsverfahrens für nationale SPC ausdrücklich. Der Forschungsstandort Europa kann durch weniger Bürokratie, niedrigere Kosten und geringeren Ressourceneinsatz für Unternehmen, wenn sie ergänzende Schutzzertifikate beantragen, nachhaltig gefördert werden. An einigen Stellen Bedarf es aber noch einer Klärung von Detailfragen.
Kritisch sieht der VCI dagegen die Vorschläge zur Einführung von EU-weiten Zwangslizenzen. Gerade die grenzüberschreitende Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass die in den EU-Mitgliedstaaten vorhandenen Instrumente für Zwangslizenzierungen ausreichend waren. Die geplante Lockerung des Patentschutzes ist nicht sachgerecht. Sie gefährdet vielmehr den Anreiz für Forschung und Entwicklung nicht nur im Gesundheitsbereich, sondern auch in anderen Schlüsselbereichen der chemischen Industrie.
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RA Marcel Kouskoutis
Gewerbliche Schutzrechte, Kartellrecht, Rechtsfragen Digitalisierung, Zivil- und Vertragsrecht
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