25. März 2022 | Standpunkt
VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup äußert sich zu den Folgen des Ukraine-Kriegs.
Der von Russland begonnene Krieg erschüttert uns zutiefst. Unermessliches menschliches Leid wird durch Russland mit seinem Angriffskrieg in die Ukraine und nach Europa getragen. In dieser Situation müssen wir alle eng zusammenstehen: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Die chemisch-pharmazeutische Industrie unterstützt die klare Haltung und die Sanktionen der Bundesregierung und der EU. Und wir unterstützen die Position, dass wir alles tun müssen, was hilft, diesen Krieg und das damit verbundene Leid zu beenden. Gleichwohl werden die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kriegs immer deutlicher, auch in Deutschland: Unser Land steht vor der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.
Als chemisch-pharmazeutische Industrie leisten wir gemeinsam mit unseren 530.000 Beschäftigten in rund 1.900 Unternehmen in vielfältiger Form aktive Hilfe. Ob Spenden, Produktlieferungen, Freistellungen und vieles mehr: Das Engagement ist wie überall im Land gewaltig. Unsere Hauptverantwortung sehen wir aber in der Stabilisierung der lebenswichtigen Produktionsnetzwerke.
Was die Folgen eines kurzfristigen Endes des Gasbezugs aus Russland angeht, geht es nicht um eine Frage von Einschätzungen. Hierzu haben wir eine klare Faktenlage: Es droht ein katastrophaler Zusammenbruch unserer Produktionsnetzwerke. Alle Bewertungen, wonach nur ein moderater Einfluss auf die deutsche Wirtschaft und die Gesamtgesellschaft zu erwarten sei, unterschätzen massiv die Sekundär- und Tertiäreffekte. Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist die Basis fast aller Wertschöpfungsketten. Es geht also nicht um einige Wochen „Frieren für den Frieden“, sondern um eine massive Beschädigung der größten Stärke Deutschlands auch und gerade in internationalen Konflikten: unserer wirtschaftlichen Kraft.
Damit gilt für unsere Branche – bei aller ehrlichen emotionalen Betroffenheit – die rationale Abwägung, dass der positive Effekt eines Gasembargos nicht sicher ist, während der massive Schaden für die deutsche Industrie und damit für das Industrieland Deutschland sicher eintreten wird: Ein solches Embargo schadet leider uns mehr als Putin. Wir unterstützen deshalb die Bundesregierung in ihrer Position, auf ein einseitiges Gasembargo zu verzichten.
Diese Zeitenwende erfordert kluges Handeln und eine schnelle Umsetzung. Im VCI-Politikbrief finden Sie unsere industriepolitischen Vorschläge. Sprechen wir darüber.
Wolfgang Große Entrup
Hauptgeschäftsführer und Mitglied des VCI-Präsidiums