Geplante EU-Richtlinie zur Luftqualität

Ambitioniert, aber realitätsfern

21. September 2023 | Bericht

Downloads

Zur Ausschuss-Debatte am 27.09.2023: Realitätssinn bei Grenzwerten und Übergangsfristen nötig.

Eine realitätsnahe Umsetzung der geplanten EU-Richtlinie zur Luftqualität erfordert eine angemessene Übergangsfrist, wenn die Transformation zur Klimaneutralität gelingen soll. © finecki - Fotolia.com
Eine realitätsnahe Umsetzung der geplanten EU-Richtlinie zur Luftqualität erfordert eine angemessene Übergangsfrist, wenn die Transformation zur Klimaneutralität gelingen soll. © finecki - Fotolia.com

Am 26. Oktober 2022 veröffentlichte die EU-Kommission einen den Entwurf einer Richtlinie zur schrittweisen Verbesserung der Luftqualität in der EU. Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments fordert schnellere Anpassungen bis 2030 und strengere WHO-konforme Grenzwerte ab 2035. Der Bundestag debattiert am 27. September 2023 darüber. Die chemische Industrie kritisiert die Pläne und fordert eine angemessene Übergangsfrist bis frühestens 2040, da die Einhaltung bis 2030 unrealistisch sei und die Transformation zur Klimaneutralität gefährdet.

Initiative der Europäischen Kommission

Die EU-Kommission hat am 26. Oktober 2022 einen Entwurf über eine neue Luftqualitätsrichtlinie veröffentlich. Mit dieser Richtlinie werden Ziele für die Luftqualität definiert, um innerhalb der Europäischen Union die Luftqualität schrittweise auf ein Niveau zu verbessern, das nicht mehr schädlich für die menschliche Gesundheit und die natürliche Ökosysteme ist.

So werden verschiedene Grenzwerte, Richtwerte und Alarmschwellen definiert und mit entsprechenden Werten hinterlegt. Bereits existierende Grenzwerte werden verschärft. Auch das Messnetz und die Klagemöglichkeit von NGOs soll ausgeweitet werden.

Stellungnahme des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments

Der Umweltausschuss des Europäische Parlaments (EP) hat ebenfalls Stellung genommen und eine Verschärfung der Regelung gefordert. So sollen die Grenzwerte so schnell wie möglich, spätestens aber bis 2030, erreicht werden. Das Europäische Parlament spricht sich für eine stärkere Angleichung der Luftqualitätsgrenzwerte an die WHO-Werte aus. Es unterstützt die Grenzwerte des Kommissionsvorschlags ab 2030. Darüber hinaus will das Parlament die Grenzwerte für mehrere Schadstoffe ab 2035 noch über die Werte des Kommissionsvorschlags hinaus weiter verschärfen. Das EP schlägt z. B. ab 2035 für Feinstaub PM2,5 einen Tagesmittelwert von 15 μg/m3 (KOM-Vorschlag 25 μg/m3) und einen Jahresmittelwert von 5 μg/m3 (KOM-Vorschlag 10 μg/m3) vor, und für Stickstoffdioxid einen Tagesmittelwert von 25 μg/m3 (KOM-Vorschlag 50 μg/m3) und einen Jahresmittelwert von 10 μg/m3 (KOM-Vorschlag 20 μg/m3). Die Regelungen über den Zugang zu Gericht sowie zum Schadensersatzanspruch werden ausgeweitet (Art. 27 und 28).

Befassung im Bundestag

Der Umweltausschuss des Bundestages wird nun offiziell am 27. September 2023 ab 11 Uhr über die Luftqualitätsrichtlinie debattieren. Die Anhörung der Sachverständigen kann über einen Livestream auf der Seite des Bundestags angesehen werden.

VCI sieht Entwurf kritisch und fordert mehr Realitätssinn

Der VCI steht einer neuen Luftqualitätsrichtlinie zum jetzigen Zeitpunkt sehr kritisch gegenüber. Aktuell werden im Umweltrecht eine Vielzahl von EU-Regelungen überarbeitet, deren Einfluss auf die Luftqualität erheblich sein wird. Hier ist an vorderster Stelle für die chemische Industrie die Novelle der IED-Richtlinie zu nennen, die maßgeblich in den Stand der Technik der Bestandsanlagen eingreifen wird.

Die zur Verschärfung vorgeschlagenen neuen Grenzwerte dürfen nach Sicht des VCI im Rahmen einer angemessenen Übergangsfrist frühestens 2040 zur Geltung kommen. Die Einhaltung der Grenzwerte bereits ab 2030 ist unrealistisch und führt zu erheblichen Problemen in der chemischen Industrie – insbesondre bei Anlagenerweiterungen.

Die vorgeschlagenen Änderungen zu den Grenzwerten sind zu ambitioniert und werden in vielen Teilen Deutschland nicht eingehalten werden können. Die Bemühungen der chemischen Industrie zur Transformation in Richtung Klimaneutralität sind in vollem Gange und stellen die Branche vor große Herausforderungen. Neue verschärfte Grenzwerte in der Luftqualität konterkarieren diese Planungen und führen zu Verzögerungen und im schlimmsten Fall zum Scheitern der ehrgeizigen Ziele.

Kontakt

Für Fragen und Anregungen nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Dipl.-Ing. Benjamin Wiechmann

Dipl.-Ing. Benjamin Wiechmann

Abfall, BVT-Merkblätter, IED, Lärmschutz, Luftreinhaltung, Security